Das Bundesarbeitsgericht (BAG, Az.: 7 AZR 420/15) hat zur Frage, wie oft Arbeitsvertragsbefristungen mit Sachgrund verlängert werden können, sinngemäß folgendes entschieden:
Obwohl für die Befristung eines Arbeitsvertrags tatsächlich der Sachgrund der Vertretung eines anderen Arbeitnehmers vorliegt, kann das Arbeitsverhältnis wegen institutionellen Rechtsmissbrauchs als unbefristetes gelten. In Bezug auf „Kettenbefristungen“ muss immer geprüft werden, ob unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ausgeschlossen werden kann, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreift.
Fazit:
Mit dem vorliegenden Urteil hat das BAG klargestellt, dass der Arbeitgeber sich selbst bei Vorliegen eines Sachgrunds nach § 14 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) nicht stets in Sicherheit wiegen kann. Liegt nämlich ein institutioneller Rechtsmissbrauch vor, kann der Verweis auf den Sachgrund ins Leere laufen und ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bestehen. Bedenklich ist diese Schlussfolgerung gerade in Bezug auf den häufig auftretenden Fall der Befristung wegen „der Vertretung eines anderen Arbeitnehmers“ nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG.
Das BAG hat im vorliegenden Streitfall die Grenzen der Gestaltungsmacht der Arbeitsvertragsparteien aufgezeigt, welche diese beim Abschluss von Vertretungsbefristungen gemäß § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG haben. Das oberste Arbeitsgericht hat damit zugleich das folgende dreistufige Bewertungssystem vorgegeben:
– Ausgangspunkt für die Schranken einer Sachgrundbefristung nach § 14 Abs. 1 Nr. 3 TzBfG sind demnach die Grenzen der sachgrundlosen Befristung nach § 14 Abs. 2 TzBfG, die für eine maximale Dauer von zwei Jahren bei höchstens dreimaliger Verlängerung zulässig ist. Bei einer Sachgrundbefristung besteht demnach kein Anlass für eine Missbrauchskontrolle, solange nicht mindestens das Vierfache eines dieser beiden Werte (Dauer: zwei Jahre; Anzahl Befristungen: drei) oder das Dreifache beider Werte überschritten wird. Liegt ein Sachgrund vor, kann also von der Befristung des Arbeitsverhältnisses Gebrauch gemacht werden, solange das Arbeitsverhältnis nicht die Gesamtdauer von sechs Jahren überschreitet und gleichzeitig nicht mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden; es sei denn, die Gesamtdauer übersteigt entweder acht Jahre oder es wurden mehr als zwölf Vertragsverlängerungen vereinbart.
– Wird diese Grenze jedoch alternativ oder kumulativ überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten. Dem Arbeitnehmer obliegt es in diesem Fall, weitere Umstände, die für einen Rechtsmissbrauch sprechen können, vorzutragen.
– Von einem Rechtsmissbrauch ist allerdings dann auszugehen, wenn einer der beiden Werte des § 14 Abs. 2 TzBfG um das Fünffache oder die beiden Werte um mehr als das Vierfache überschritten werden. In diesen Fällen muss der Arbeitgeber schon besondere Umstände vortragen, um den Rechtsmissbrauch wiederlegen zu können.
Quelle: MD 02/2018 Kfz Landesverband