a. Antragstellung über gemeinsames Onlineprotal
Die Regierungspräsidien in Baden-Württemberg haben im Zuge der Corona-Pandemie die Zuständigkeit für die Bearbeitung von Entschädigungsanträgen nach dem Infektionsschutzgesetz durch Verordnung des Sozialministeriums kurzfristig übertragen bekommen, um die Gesundheitsämter zu entlasten. Anträge können ab sofort über das ländergemeinsame Online-Portal www.ifsg-online.de eingereicht werden. Betroffene Arbeitgeber und Arbeitnehmer finden dort weitere Informationen sowie die genauen Anspruchsvoraussetzungen. Im nächsten Schritt wird nun vom Land Nordrhein-Westfalen das ländergemeinsame Fachverfahren zur Bearbeitung der Anträge zur Verfügung gestellt. Sobald dieses funktionsfähig ist, können die Regierungspräsidien mit der Bearbeitung der gestellten Anträge starten.
b. Anspruchsvoraussetzungen
– Anspruch auf Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz haben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, Selbständige und Freiberufler, die im Einzelfall von einer behördlich angeordneten Quarantäne oder einem Tätigkeitsverbot betroffen sind.
– Anspruchsberechtigt sind zudem berufstätige Eltern, die durch die Betreuung ihrer Kinder aufgrund einer Schul- oder Kitaschließung nicht arbeiten können und deshalb einen Verdienstausfall haben.
– Nicht anspruchsberechtigt sind Unternehmen und Selbständige, die aufgrund der Corona-Verordnung ihren Betrieb schließen mussten. Das gilt auch für deren Beschäftigte.
c. Verfahren
Bei Arbeitnehmern erfolgt die Antragstellung durch die Arbeitgeber, da diese den Entschädigungsanspruch in Vorleistung an die Arbeitnehmer für längstens sechs Wochen auszubezahlen haben.
Wichtig: Vollständige Anträge, die bereits in den vergangenen Wochen bei den Gesundheitsämtern gestellt wurden, müssen nicht erneut eingereicht werden.
d. Dauer und Höhe der Entschädigung
– Bei Quarantäne oder Tätigkeitsverbot wird für die ersten sechs Wochen eine Entschädigung in Höhe des vollen Verdienstausfalls gewährt. Mit Beginn der siebten Woche wird sie in Höhe des Krankengeldes gewährt.
– Bei Kindertagesstätten- oder Schulschließung beträgt die Entschädigung 67 Prozent des Nettoeinkommens und wird für bis zu sechs Wochen gewährt. Sie ist auf einen monatlichen Höchstbetrag von 2016 Euro begrenzt.
– Zudem werden die für den Verdienstausfall fälligen Sozialversicherungsbeiträge bzw. Aufwendungen zur sozialen Sicherung teilweise erstattet.
e. Verlängerung durch Neuregelung
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrats beschlossen, dass die bislang geltende dreimonatige Antragsfrist für Erstattungen bei Tätigkeitsverboten, Absonderungen (Quarantäne) und Wegfall der Betreuungsmöglichkeiten auf 12 Monate verlängert wird (Zweites Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite).
Darüber hinaus hat das Bundeskabinett vorgestern beschlossen, dass die Verdienstausfallentschädigung pro Elternteil nicht nur wie bislang geplant sechs, sondern maximal zehn Wochen lang gezahlt werden kann. Alleinerziehende Eltern sollen sogar Anspruch auf bis zu 20 Wochen Entschädigung haben. Bundestag und Bundesrat müssen dieser Regelung allerdings noch zustimmen.
f. Hintergrund: Welche Entschädigungen gibt es – Detailfragen kurz erläutert
– Bei Schul- und Kita-Schließungen:
Nach § 56 Abs. 1a IfSG können sorgeberechtigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Selbstständige für maximal sechs Wochen eine Entschädigung aufgrund von Kindertagesstätten- oder Schulschließungen erhalten.
Wesentliche Voraussetzungen:
· Die Kindertagesstätte oder Schule des Kindes wurde auf behördliche Anordnung geschlossen.
· Kein Anspruch besteht für gesetzlichen Feiertage, Schul- oder Kitaferien in den Betreuungszeiträumen, während derer die
Einrichtungen ohnehin geschlossen gewesen wären.
· Das Kind hat das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet oder benötigt besondere Hilfe (zum Beispiel aufgrund einer Behinderung).
· Es gab keine Möglichkeit, eine alternative, zumutbare Betreuung des Kindes herzustellen (zum Beispiel durch ältere Geschwister
der eine Notbetreuung in der Schule oder der Kita).
– Bei Quarantäne oder Tätigkeitsverbot:
Nach § 56 Abs. 1 IfSG erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Selbstständige eine Entschädigung, wenn sie einen Verdienstausfall aufgrund einer behördlich angeordneten Quarantäne oder eines Tätigkeitsverbotes hatten.
Wesentliche Voraussetzungen:
· Sie sind in Quarantäne nach § 30 IfSG oder haben ein Tätigkeitsverbot nach § 31 IfSG.
· Sie haben keine Möglichkeiten, Ihren Verdienstausfall durch eine andere zumutbare Tätigkeit auszugleichen.
· Sie sind selbst nicht erkrankt bzw. nicht arbeitsunfähig.
g. Ansprechpartner und Infoprotal
Bei Fragen zu Entschädigungen finden Betroffene Informationen und Antworten auf häufig gestellte Fragen im IfSG-Infoportal.
Bei Fragen können sich Betroffene außerdem an entschaedigung-ifsg(at)rps.bwl(.)de wenden.
h. Kommentierung durch die Landesvereinigung der Arbeitgeberverbände
Die Arbeitgeberverbände in Baden-Württemberg haben begrüßt, dass die Bundesregierung nun schnell Rechtssicherheit für Betriebe und Beschäftigte schaffen will, indem die Entschädigung für Eltern, die wegen fehlender Kinderbetreuung nicht zur Arbeit gehen können, auf bis zu 20 Wochen verlängert wird. „Die Unsicherheit, wie es in den nächsten Wochen weitergeht, hat zunehmend die betroffenen Beschäftigten und die Betriebe belastet“, sagte Peer-Michael Dick, Hauptgeschäftsführer der Arbeitgeber Baden-Württemberg, am Donnerstag in Stuttgart: „Wichtig ist nun auch, dass es bundeseinheitliche Auskünfte und klare Regelungen in Umsetzungsfragen gibt, was bislang nicht immer der Fall war.“
Die Notsituation vieler Eltern sei nicht durch die Unternehmen verursacht, sondern durch die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, sagte Dick: „Daher ist es folgerichtig, dass hier die Politik Verantwortung übernimmt und den betroffenen Eltern Lösungen anbietet.“ Als grundsätzlich begrüßenswert bezeichnete der Arbeitgebervertreter die neu geschaffene Möglichkeit für Eltern, die Entschädigung auch tageweise in Anspruch nehmen zu können, wenn für die anderen Tage eine Betreuungslösung gefunden wurde: „Das ermöglicht Eltern, zumindest an einzelnen Tagen zur Arbeit zu gehen.“ Für die Betriebe bedeute dies jedoch eine große administrative Herausforderung, sagte Dick: „Deshalb ist es auch hier umso wichtiger, dass die Verfahren so einfach wie möglich gehalten und die Regeln bundesweit einheitlich ausgelegt werden.“
Mitte März waren Schulen und Kitas zur Eindämmung der Corona-Pandemie behördlich geschlossen worden. Viele erwerbstätige Eltern mussten deshalb in Folge der Arbeit fernbleiben, weil sie in Ermangelung anderer Betreuungsmöglichkeiten plötzlich zuhause die Kinder betreuen mussten. Ein Anspruch auf Lohnfortzahlung bestand in diesen Fällen nicht. Ende März hatte die Bundesregierung daher eine Entschädigungsregelung im Infektionsschutzgesetz (IfSG) in Kraft gesetzt. Diese sieht für sechs Wochen eine Entschädigung von 67 Prozent des Netto-Verdienstausfalls, höchstens aber 2.016 Euro im Monat vor. Die Entschädigungsmöglichkeit soll nun pro Elternteil auf zehn Wochen erhöht werden, bei Alleinerziehenden auf 20 Wochen, womit alle Haushalte mit Kindern bis zwölf Jahre 20 Wochen überbrücken können, in denen die Kinder nicht in Schulen oder Kitas betreut werden. Zudem soll die Entschädigung auch tageweise in Anspruch genommen werden können, wenn beispielsweise Eltern nur für einzelne Tage, nicht aber für die gesamte Woche eine anderweite Betreuungslösung für ihre Kinder finden.