Kolumne – durch die Brille des Handwerks
Notizen, Gedanken, Meinungen von HANDWERK BW-Hauptgeschäftsführer Peter Haas.
Haben Sie Lust auf ein Quiz? Okay, dann los! Von wem stammt dieser Satz: „Am meisten Sorgen macht mir, dass die Wirtschaft nicht gut läuft. Es ist höchste Zeit für eine Reformagenda für Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit.“ Und danach sagt die Person noch, dass es bei der Reform um steuerliche Entlastung von Unternehmen gehen müsse. Na, was glauben Sie? Ein Verbandsvertreter? Ein Wirtschaftswissenschaftler? Gar Friedrich Merz? Nein… Sie werden staunen, es war keiner, der von außen ins System lobbyiert, auch kein Oppositioneller. Es war Danyal Bayaz, der grüne Finanzminister von Baden-Württemberg.
Moment! Höchste Zeit für Reformagenda? Steuerliche Entlastung? Da fragt man sich doch, warum es ein Regierungsmitglied, ein Finanzminister sogar, dann nicht anpackt und die Reformen umsetzt. Wieder mal ein herrliches Beispiel dafür, dass die Politik so gern davon spricht, dass es kein Erkenntnis-, sondern nur ein Umsetzungsproblem gibt, für die Umsetzung aber nicht verantwortlich zeichnen will. Ich sprach an dieser Stelle schon einmal davon.
Der Finanzminister im Bund ist nicht besser unterwegs: „Deutschland ist nicht mehr ausreichend wettbewerbsfähig,“ so Christian Lindner, und weiter: „Es ist unvorstellbar, dass dies nicht zu politischen Veränderungen führt.“ In der Tat…
Wer nun seine Hoffnung auf die Alternativen lenkt, ist bei solchen, die sich sogar so nennen, sowieso verloren – und jene, die sich als stärkste Oppositionspartei quasi in der Dauerrolle der potenziellen Regierungsübernehmer befinden, haben spätestens seit letzter Woche gerade bei der Wirtschaft unnötig Vertrauen verspielt: Eine CDU, die sich als „Retter der Entrechteten“ und einzigen Interessenwahrer des Standorts positioniert sehen will, bremst das von allen Wirtschaftsverbänden sehnlichst erwartete (wenn auch peinlich zusammengekürzte) Wachstumschancengesetz aus parteitaktischen Gründen aus. „Fassungslos“ zeigte sich Kollege Thomas Möller von der Bauwirtschaft in seiner Pressemitteilung. „Inakzeptabel und unverantwortlich“ sei dieses Ergebnis des Vermittlungsausschusses.
Wir stellen fest: In Deutschland geht grad gar nix mehr. Klingt vielleicht fatalistisch, ist aber leider Tatsache. Und wer vom Spielfeldrand kritisch reinruft, wird entweder als Nestbeschmutzer beschimpft oder sogar des Stadions verwiesen. So ist es Veronika Grimm ergangen. Die Professorin aus Nürnberg ist Mitglied des Sachverständigenrats zur Beurteilung der wirtschaftlichen Lage und bekannt für ihre klaren Appelle an die Bundesregierung. Nun wollen ihre vier Kollegen im „Rat der Fünf Weisen“ sie rausmobben – vordergründig, weil sie ein Aufsichtsratsmandat annehmen will (was andere „Weise“ vor ihr auch mehrfach getan haben und laut Bundesregierung kein Problem sei) und weil das ein unlösbarer Interessenkonflikt sei. Hintergründig scheint es aber Mobbing der eher regierungsfreundlichen Gremienkollegen gegen die kritische Vorsitzende zu sein. Man möchte wohl eher ein „Rat der Leisen“ als einer der „Weisen“ sein.
Sprich: Von der Front der Spitzenökonomen ist auch keine Rettung zu erwarten. Wohin richten wir also unseren Rest-Optimismus?
Vielleicht nach München! Keine Sorge, nicht zu Markus Söder. Sondern zur Handwerksmesse und dem zum zweiten Mal stattfindenden Kongress „Zukunft Handwerk“. Für mich ist das wie ein Festival, das „Wacken“ des Handwerks, wie Cannes für die Filmbranche, ein „Muss“ im Kalender, weil man da so viele trifft, die was zu sagen haben im Handwerk und neue Ideen mitbringen. Zum Beispiel die Gewinner unseres Innovationswettbewerbs „Seifriz-Preis“, die sich dort einer bundesweiten Besucherschaft präsentieren können. Ich hoffe auf Inspiration, auf Aufbruchstimmung und auf die Möglichkeit, der Politprominenz (bis hin zum Kanzler) zu zeigen: Schaut Euch diese Leute, diese Betriebe an, diese Anpackermentalität, diese Innovationskraft, diese Motivation, jeden Tag aufzustehen und Probleme zu lösen und sich von Rückschlägen nicht unterkriegen zu lassen! Und, Politiker aller Farben, nehmt Euch (sorry für den Ausdruck:) verdammt nochmal endlich ein Beispiel daran und kommt selbst ins Machen! Am Handwerk wird’s nicht scheitern.
Ich sage auf bald und grüße herzlich!
Ihr Peter Haas
Kontakt über haas(at)handwerk-bw.de