In seiner als neuer Kreishandwerksmeister ersten Begrüßungsrede ging Frank Herrmann bei der Jahreshauptversammlung der Kreishandwerkerschaft in aller Kürze auf die Themen ein, die aktuell im Blickpunkt stehen. In erster Linie „sorge man sich“ im wahrsten Sinne des Wortes um den Berufsnachwuchs. Nachwuchskräfte fehlten laut Herrmann in nahezu allen Handwerkssparten. Daher gehe man neue Wege, in dem man verstärkt Social Media Kanäle wie TikTok und Instagram nutze. Mit kurzen Videoclips und einprägsamen Sprüchen versucht man seit knapp 2 Monaten, die Aufmerksamkeit der Zielgruppe (14-19jähige) auf das Handwerk zu lenken. Mit aktuell schon über 410.000 Zugriffen sei dies auch ganz gut gelungen. „In jedem der bisher rund 100 gedrehten Clips wird am Ende auf unsere Internetseite www.handwerk-ist.geiler.de verwiesen“, so Herrmann. Dort haben die Jugendlichen dann die Möglichkeit, sich umfassend über die zahlreichen Ausbildungsberufe im Handwerk zu informieren. „Man findet dort sogar Ausbildungsstellen bzw. Betriebe, die regelmäßig ausbilden“, so KH-Geschäftsführer Matthias Morlock ergänzend. Er hatte ursprünglich die Idee und mit Markus Nick von manimedia auch gleich den richtigen Partner an der Hand. Markus Nick präsentierte einige der bereits gedrehten Clips und zeigte auf, wohin die Reise geht. Jetzt hofft man, dass noch weitere als die bisherigen Innungen sich aktiv diesem Projekt anschließen und Clips produzieren lassen.
Im Mittelpunkt des Interesses stehen derzeit auch zunehmend Studienabbrecher bzw. Abiturienten, sowohl weiblich wie männlich. Mit der Hochschule Pforzheim hat man daher erste Gespräche geführt und will künftig versuchen, diese Verbindung zu intensivieren. Immerhin brechen laut Aussage von Hochschuldirektor Prof. Dr. Jautz pro Semester rund 300 Studierende ihr Studium ab. Und genau für diese Gruppe werden dringend alternative Angebote gesucht. „Wir müssen daher ganz offiziell an der Hochschule Flagge zeigen und für diese Studenten eben genau diese Alterntiven bieten“, so Herrmann. Man müsse aber auch vermehrt den Zugang zu den Gymnasien suchen, um es erst gar nicht zum Negativerlebnis eines Sudienabbruches kommen zu lassen.
Laut Herrmann ist die Auftragslage im Handwerk so gut wie noch nie. Vor allem der Bau- und Ausbausektor boome und die Auftragsbücher seien teilweise bis Ende kommenden Jahres voll. „Handwerk hat in der Krise gezeigt, dass es systemrelevant und unverzichtbar ist“, so der Kreishandwerksmeister. Man brauche daher qualifizierten Nachwuchs, ansonsten müsse man immer mehr Kunden terminlich vertrösten oder Aufträge ganz absagen. Dabei seien die Anforderungen an den Nachwuchs in den letzten Jahren stark gestiegen, ganz im Gegenteil zur Qualifikation der Abgänger aus Haupt- und Realschulen. Ein erst unlängst an der Alfons-Kern-Schule bei den Lehreinsteigern durchgeführter Test habe gezeigt, dass es hier erhebliche Defizite im Bereich Mathematik und Deutsch gebe. Schulleiterin Dr. Birgitta Nick zeigte neben den nackten Zahlen der jeweiligen Berufsbereiche auch die Ergebnisse der „Qualifikationsprüfung“ auf. „Und diese sind teils erschreckend bis beschämend“, so die Schuldirektorin. Einfachste Grundrechenarten sowie Prozentrechnen oder Geometrie stellten die Lehrbeginner teils vor unüberwindbare Hürden. Teilweise sei diese Entwicklung dem Corona geschuldeten Unterrichtsausfall der letzten beiden Jahre zuzuschreiben. Aus diesem Grund haben Kreishandwerkerschaft und Alfons-Kern-Schule schon vor der Sommerpause die Idee eines Stützunterrichts für lernschwächere Berufsfachschüler gehabt. Der Bürgerverein Pforzheim steht hierfür als Geldgeber bereit. Nun aber werde man zuerst versuchen, die finanzielle Mittel über das neue, landesweit ausgerufene Projekt „Mit Rückenwind lernen“ zu beantragen. „Wenn alles klappt, kann man im 2. Schulhalbjahr mit der gezielten Förderung beginnen“, so Dr. Nick.
Weitere wichtige Themen wie Digitalisierung im Handwerk, Bürokratieabbau sowie Mitgliedergewinnung für die Innungen wurden vom Kreishandwerksmeister ebenfalls angesprochen.
Geschäftsführer Morlock legte im Anschluss den Geschäftsbericht sowie das Jahresrechnungsergebnis 2020 und den Haushaltsplan 2022 zur Abstimmung vor. Alles wurde einstimmig genehmigt.
Danach folgten noch Kurzinformationen der IKKclassic sowie der SIGNAL IDUNA.
Und zu guter Schluss wurde noch der in diesem Jahr aus dem Amt geschiedene Obermeister der Metall-Innung Pforzheim-Enzkreis, Thomas Hagenlocher, durch Kreishandwerksmeister Herrmann mit der großen Ehrenurkunde und der Ehrennadel in Silber für seinen Jahrzehnte langen ehrenamtlichen Einsatz ausgezeichnet (Bild).