Beratung und Service für das Handwerk

Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise

Um Unternehmen, die unter der Corona-Pandemie leiden, schnell zu unterstützen, hat die Bundesregierung das Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld erlassen. Es trat am 15. März 2020 in Kraft. Rückwirkend zum 1. März gilt nun bis 31. Dezember 2021, dass Betriebe Kurzarbeit anmelden können, wenn mindestens zehn Prozent der Beschäftigten von Arbeitsausfällen betroffen sind. Vor Corona lag die Grenze für diese Maßnahme bei 30 Prozent. Außerdem neu:

– Vor der Zahlung des Kurzarbeitergelds müssen keine Minusstunden aufgebaut werden.
– Erstmals können Leiharbeitnehmer Kurzarbeitergeld beziehen. Im Gegensatz zu geringfügig Beschäftigten (Minijobber), die weiterhin kein Kurzarbeitergeld beziehen können.
– Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer in Kurzarbeit werden von der Bundesagentur für Arbeit vollständig oder teilweise erstattet.

Während der Zeit der Kurzarbeit wird die betriebsübliche Arbeitszeit reduziert. Grund können wirtschaftliche Schwierigkeiten oder ein unabwendbares Ereignis sein. Kurzarbeit muss nicht jede Abteilung und jeden Arbeitnehmer in einem Unternehmen treffen. Es können auch nur die Teile des Unternehmens in Kurzarbeit geschickt werden, die wirklich einen Arbeitsausfall aufgrund der Situation verzeichnen. Sind betriebliche Maßnahmen wie der Abbau von Überstunden und Resturlaub schon durchgeführt, kann ein krisengeschüttelter Betrieb zur Kurzarbeit übergehen und Kurzarbeitergeld beantragen. „Wird Kurzarbeitergeld gewährt, geht man davon aus, dass der Zustand nur vorübergehend ist“, sagt Nathalie Oberthür, Fachanwältin für Arbeitsrecht. Ziel ist es, Kündigungen zu vermeiden. Das Unternehmen rechnet damit, dass in absehbarer Zeit wieder die normalen Arbeitszeiten gearbeitet werden können.

Manche Arbeitsverträge enthalten bereits eine Klausel, mit der sich Arbeitnehmer für den Fall einer Krise mit Kurzarbeit einverstanden erklären. Wer dies nicht hat, mit dem muss der Unternehmer – will er Kurzarbeit einführen – eine Vereinbarung treffen. Nur wenn es diese Vereinbarung gibt, kann Kurzarbeitergeld beantragt werden. In größeren Unternehmen mit einem Betriebsrat wird dafür eine Betriebsvereinbarung geschlossen. In kleinen Handwerksbetrieben ohne Betriebsrat (also weniger als fünf wahlberechtigte Arbeitnehmer) muss Kurzarbeit mit jedem Mitarbeiter einzeln vereinbart werden. „Diese Vereinbarung sollte unbedingt schriftlich festgehalten werden“, rät Nathalie Oberthür. Darin muss geregelt sein, wie lange die Kurzarbeit dauert und in welchem Umfang und Rahmen sie geleistet werden soll.

Ein Arbeitnehmer, mit dem individuell verhandelt wird, ist nicht verpflichtet, der Kurzarbeit zuzustimmen. Es könnten also in einem Betrieb mit 15 Mitarbeitern 13 zustimmen und zwei ablehnen. „Dann arbeiten 13 Kurzarbeit und zwei nicht. Der Arbeitgeber kann dagegen nur wenig machen“, sagt die Rechtsanwältin, „die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung zur Einführung von Kurzarbeit wird zwar diskutiert, ist aber alles andere als sicher“. Eine Kündigung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses, die einzig und allein auf der Weigerung des Mitarbeiters, der Kurzarbeit zuzustimmen, beruht, ist nicht zulässig (Maßregelungsverbot § 612a BGB).

Einigen sich Chef und Belegschaft auf Kurzarbeit, muss nachweisbar weniger gearbeitet werden. „Ansonsten besteht die Gefahr, dass das Kurzarbeitergeld zurückgefordert wird“, sagt die Rechtsanwältin. Setzt ein Betrieb die Arbeitszeit auf 50 Prozent herunter, dürfen also keine Überstunden geleistet werden, so dass in Summe dann beispielsweise doch 70 Prozent gearbeitet wird.

Ein Handwerker, der einen Auftrag beim Kunden ausführt, kann zwar an einem Tag 8,5 Stunden arbeiten und dafür am nächsten Tag nur 7,5. „Am Ende des Monats darf die durchschnittliche Wochenarbeitszeit aber nicht überschritten sein“, sagt Nathalie Oberthür, „Werden in der Kurzarbeit Überstunden geleistet, stellt sich sonst die Frage, warum der Betrieb dann Kurzarbeit eingeführt hat.“

Auszubildende sind von einer Vereinbarung zur Kurzarbeit nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Es wäre jedoch wünschenswert, wenn der Ausbildungsbetrieb dies möglichst vermeiden könnte, um das Ausbildungsziel nicht zu gefährden.

Die Frage, wie lange Kurzarbeit in einem Betrieb dauern darf, lässt sich nicht von der Frage, wie lange Kurzarbeitergeld vom Staat gezahlt wird, trennen. § 104 Sozialgesetzbuch (SGB) III führt aus, dass die Dauer des Kurzarbeitergeldes längstens zwölf Monate beträgt. Es sei denn,

– der Bezug wird in diesem Zeitraum um mindestens einen ganzen Monat unterbrochen, also einen ganzen Monat kein Kurzarbeitergeld gezahlt. Stellt der Betrieb danach wieder auf Kurzarbeit um, verlängert sich die Bezugsdauer um diesen einen Monat.
– seit dem letzten Kalendermonat, für den Kurzarbeitergeld gezahlt worden ist, sind drei Monate vergangen und die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Kurzarbeitergeld vorliegen erneut vor. Dann beginnt die Bezugsdauer neu.

Davon unabhängig wird Saison-Kurzarbeitergeld für die Dauer des Arbeitsausfalls während der Schlechtwetterzeit gezahlt.

Die Kündigung eines Arbeitnehmers in der Zeit der Kurzarbeit ist grundsätzlich möglich. Es kann sowohl betriebs-, verhaltens- oder personenbedingt gekündigt werden. Dabei gelten die Kündigungsfristen wie im Arbeitsvertrag vereinbart. Darüber hinaus gelten die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes (§ 23 KSchG).

Doch es gibt eine Besonderheit zu beachten: Wird während der Kurzarbeit die Kündigung ausgesprochen, – egal von welcher Seite, ob vom Arbeitgeber oder vom Arbeitnehmer – ist ab diesem Zeitpunkt diesem Mitarbeiter wieder das volle Gehalt zu zahlen. Denn, so die Rechtsanwältin: „Ab dem Zeitpunkt der Kündigung und nicht erst zum Ende des Arbeitsverhältnisses besteht kein Anspruch auf Kurzarbeitergeld mehr.“ Das heißt in der Regel, Kurzarbeit ist für diesen Mitarbeiter vorbei und es zählt wieder die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit.

Gleiches gilt im Falle eines Aufhebungsvertrages (§ 98 Abs.1 Nr. 2 SGB III).

Ob das Kündigungsschutzgesetz Anwendung findet, entscheidet die Betriebsgröße (es zählen Arbeitnehmer mit regelmäßig mehr als 30 Wochenstunden, alle anderen anteilig, Auszubildende zählen nicht) und der Beginn des Arbeitsverhältnisses. Das Arbeitsverhältnis muss darüber hinaus länger als sechs Monate bestehen:
– Arbeitsverhältnis vor 1. Januar 2004: Betrieb beschäftigt in der Regel mehr als fünf Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt der Kündigung noch im Betrieb beschäftigt sind. Arbeitnehmer, die nach dem 31. Dezember 2003 neu eingestellt worden sind, werden hierbei nicht mitgezählt.
– Arbeitsverhältnis ab 1. Januar 2004: Betrieb beschäftigt in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer
(Quelle: Bundesministerium für Arbeit und Soziales)

Viele Unternehmer stellen sich inzwischen die Frage, wie mit Jahresurlaub umzugehen ist. Ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs dazu ist von der deutschen Rechtsprechung noch nicht umgesetzt (EuGH, Az. C-385/17). Der EuGH entschied 2018, dass sich durch Kurzarbeit der Mindestjahresurlaub eines Arbeitnehmers reduzieren kann, nicht jedoch das Urlaubsentgelt. Es sei zulässig, den Urlaubsanspruch entsprechend der reduzierten Arbeitszeit zu kürzen. Demnach hänge die Dauer des Jahresurlaubs von der tatsächlichen Arbeitsleistung ab. Für Kurzarbeit 0 würde das bedeuten, dass in dieser Zeit keine Urlaubsansprüche erworben werden. Wie gesagt, noch ist unklar, wie genau dieses EuGH-Urteil im deutschen Recht umzusetzen ist.

Sicher ist, dass der Arbeitgeber das Urlaubsentgelt nicht kürzen darf. Zumindest was den Mindestjahresurlaub betrifft. Oftmals beträgt der Jahresurlaub von Arbeitnehmern aber mehr Tage als der gesetzliche Mindesturlaub von vier Wochen. Diese zusätzlichen Urlaubstage sind jedoch wie Mindestjahresurlaub zu handhaben, wenn nichts anderes vereinbart ist. Wie schon vor Corona darf ein Arbeitgeber seine Mitarbeiter in der Krise nicht einfach in Urlaub schicken. Es sei denn, er legt Betriebsurlaub fest.

Urlaub, der vor der Kurzarbeit genehmigt wurde, darf nur in Ausnahmefällen wieder gestrichen werden.

Die Bundesagentur für Arbeit sieht nach eigenen Angaben bis zum 31. Dezember 2020 davon ab, vorzugeben, dass aktueller Jahresurlaub zur Vermeidung von Kurzarbeit genommen werden muss.

Quelle: InfoStream HWK Karlsruhe Ausgabe 18/2020 – deutsche-handwerks-zeitung.de