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Zimmerer sind sauer!

DAS WAR WIRKLICH ÄRGERLICH: Fast 2 Stunden lang war ein SWR-Fernsehteam im FORUM HOLZBAU, um sich über die aktuelle Materialverknappung zu informieren. Hauptgeschäftsführer Thomas Schäfer war bestens vorbereitet und fasste vor laufender Kamera sachlich und argumentativ die wesentlichen Hintergründe zusammen, die zu der derzeitigen Situation geführt haben. Einen Tag später filmte dann das gleiche SWR-Team auf Vermittlung des Landesverbandes bei unserem Mitgliedsbetrieb HOLZBAU RIKKER. Zum Schluss teilte der Redakteur mit, dass der Beitrag noch diese Woche am Donnerstag im SWR ausgestrahlt wird. – Gestern Abend um 20:15 Uhr wurde dann die Sendung ‚Zur Sache Baden-Württemberg‘ ausgestrahlt …

„Ich bin sehr verärgert, dass der Landesverband komplett aus dem Beitrag herausgeschnitten wurde“, so HGF Thomas Schäfer. „Dem Zuschauer wurden somit wichtige Informationen vorenthalten. Was wir vermeiden wollten, war eine einseitige Darstellung, dass es generell zu wenig Holz gibt, dass der Zimmerer nicht (rechtzeitig) liefern und ausführen kann und dass sich das Bauen mit Holz erheblich verteuert! – Dieser Beitrag war absolut nicht förderlich für unser Handwerk und für unsere Mitgliedsbetriebe.“
Festzuhalten ist übrigens, dass es nicht nur beim Holz und bei Holzwerkstoffen einen temporären Engpass gibt. Andere Gewerke und andere Bauweisen sind einer ähnlichen Material-Verknappung ausgesetzt. Sand, Kies, Stahl, Kleinmetallteile – sogar verschiedenste (erdölbasierte) Kunststoffe werden nur mit großem Zeitverzug und zu höheren Preisen geliefert. Die nationalen und internationalen Warenströme laufen derzeit ziemlich aus dem Ruder.

Nachfolgend der vollständige Abdruck des Interviews, das in dem Fernsehbeitrag nicht gesendet wurde:
Dem Holzbau wird derzeit schmerzlich bewusst, dass Holz ein wertvoller und weltweit begehrter Rohstoff ist. Bislang waren es die Zimmerer und Holzbauer im holzreichen Land Baden-Württemberg gewohnt, bestelltes Bauholz in allen Qualitäten und Mengen innerhalb weniger Tage auf den Hof oder auf die Baustelle geliefert zu bekommen. Das ist seit Beginn des Jahres 2021 nicht mehr so.

Ein weltweiter „Heißhunger“ nach Rundholz von China und nach wertvollem Schnittholz in die USA führt zu prekären Lieferengpässen in den Zimmereien. Ein Boom im Bau und bei Heimwerkern in den USA, dortige Lieferengpässe vom Nachbarn Kanada und Coronabedingte Unterbrechungen von Produktions- und Lieferketten sind hierfür verantwortlich. Um nahezu 50 % ist der Export in die USA 2020 gestiegen.

Das führt auf dem heimischen Markt dazu, dass Lieferfristen von den Sägern und dem Holzhandel nicht zugesagt werden können und Preise bei längerfristigen Bestellungen nicht genannt werden. Das macht die Kalkulation derzeit extrem schwierig. Oftmals werden für Bauvorhaben gar keine Angebote mehr abgegeben.

Die Mitgliedsbetriebe der Zimmerer-Innungen haben erst im März bei einer Verbandsabfrage einen Auftragsbestand von 20 Wochen gemeldet. Dies ist zum einen eine positive Nachricht, weil es den riesen Bedarf am Markt darstellt. Allerdings muss das Holz für Aufträge, die zu Preisen vom Herbst 2020 kalkuliert wurden, zu tagesaktuellen Preisen bezahlt werden. Und dieser ist vielfach bis zum doppelten und mehr höher als im Vertrag mit dem Kunden vereinbart. Dies kann in aller Regel nicht nachverhandelt werden und der Zimmerer bleibt auf den Mehrkosten sitzen.

Der Preis von Holz ist insbesondere für die Waldbauern schon lange viel zu niedrig. Für den klimabedingten Waldumbau ist eine höhere Vergütung des Rohstoffes an den Forst nötig. Das scheint sich derzeit auch langsam zu verbessern. Es ist auch legitim, wenn Säger sich am Preis des Weltmarktes orientieren. Nachfrage und Angebot regelt nun mal den Preis. Das Problem am Markt liegt in der Kurzfristigkeit. Die Dynamik macht den Holzbauunternehmern aus vorgenannter Auftragslage wirklich große Probleme.

Hier setzt der Appell der Holzbaubranche an die Wertschöpfungskette Holz vom Forst über den Säger bis hin zum Holzhandel an: Der positive Trend im Holzbau, der in den vergangenen 15 Jahren durch Forschung und Entwicklung, durch die holzbaufreundlichste Landesbauordnung BW in Deutschland und durch eine Holzbau-Offensive BW die Vorbild ist für andere Bundesländer darf nicht kurzfristig durch solche Verwerfungen am Markt zerstört werden. Alle Prozessbeteiligten der Wertschöpfungskette brauchen den Schulterschluss, durch diesen Engpass gemeinsam durchzugehen. Der Forst, insbesondere der Staatsforst muss dafür sorgen, dass heimisches Holz für heimische Betriebe zur Verfügung gestellt wird. Die Sägeindustrie und der Holzhandel sind gefordert, ihren langfristigen Kunden am heimischen Markt ausreichend Holzbaumaterial zu kalkulierbaren Preisen für die anstehenden Bauprojekte zur Verfügung zu stellen

Die Zimmererbranche hofft, dass sich nach ersten Signalen die Lage auf dem Weltmarkt im dritten Quartal 2021 beruhigt und dann auch der regionale Markt sukzessive wieder in ruhigeres Fahrwasser kommt.